Die Technik




Einen erheblicher Teil der mikroskopierelevanten Zeit, die ich von April bis August 2005 zugebracht habe, bestand in der Beschäftigung mit technischen Fragen. Da haben mir die Mitglieder vom hochkarätig besetzten Mikroskopie-Forum der Heimseite von Christian Linkenheld sehr weitergeholfen, an dieser Stelle nochmal vielen Dank ! Auf der Seite von Christian Linkenheld hat man auch Zugang zu einem detaillierten Überblick über die mikroskopische Technik. Manch einer geht ja voll in der Beschäftigung mit der technischen Seite des Mikroskopierens auf - was nicht verwunderlich ist, schliesslich ist das Mikroskop ein Füllhorn von Innovationen und technischen Meisterleistungen, die teilweise mit dem Nobelpreis honoriert wurden, wie z.B. das Phasenkontrastverfahren. Die Anforderungen an absolut präzise Arbeitsweise beim Bau eines guten Mikroskops stehen der Akribie bei der Anfertigung eines Schweizer Uhrwerks in nichts nach. Also - das behaupte ich hier einfach mal, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in einem ordentlich korrigierten Objektiv ein Dutzend Linsen stecken, die Strukturen auflösen können, die halb so gross sind wie die Wellenlänge von blauem Licht...
...ist das schon etwas, was die Faszination für technische Fragen wecken kann. Zumal die vielen Einstellungen und Modifikationsmöglichkeiten, die ein Mikroskop bietet, quasi zum "Tuning" und "Aufbrezeln" einladen.
Mir war wichtig, dass ein akzeptabler Wiederverkaufswert da ist, falls ich es aus irgendwelchen Gründen wieder verkaufen muss. Auch sollte das Ding Jahre halten, ohne sich zu mucksen, und -vor allem- ausbaufähig sein, wozu Kompatibilität mit gängigen Teilen sowie ein lebhafter Gebrauchtmarkt notwendig ist. In dieser Hinsicht stechen 3 Namen hervor: Zeiss Jena, Zeiss West, und Leitz. Kompatibilität untereinander ist da leider nicht ohne Weiteres gegeben (für Objektive gibt es aber z.T. Adapter), es lohnt sich, in dieser und unendlich vielen weiteren Fragen die Mikrofibel von Klaus Henkel zu Rate zu ziehen, ohne diese Pdf - Datei braucht man im Grunde gar nicht erst anfangen. Bei eBay kann man in jeder Hinsicht fündig werden, doch sollte man sich vorsehen. Die Betrugsmöglichkeiten sind durch eBay-Typische Massnahmen nicht zu gross, aber sie sind vorhanden, und immer wieder hört man von "Zwischenfällen". Sinnvoll ist eine Besichtigung des guten Stücks vor Ort, wenn man kritisch an die Sache herangeht, kann man sich einigermassen absichern. Wer bei eBay eher ein subtiles Bauchweh verspürt, kann auch auf anderem Wege fündig werden, bei www.mikroskope-online.de sind die Preise z.B. recht fair, und die Ware (die teilweise 50 Jahre alt sein kann) wird dort von Expertenaugen- und Händen geprüft. Das ist dann meist etwas teurer als bei eBay, aber in trockenen Tüchern, und brauchbar. Bei eBay hatte ich mit den Händlern "galerie-alte-technik", "prof.angler" und "vinyljunx" Handelskontakt, und bin vollauf zufrieden. Der pragmatischste Weg ist wohl der, z.B. bei Zeiss, Leica oder Leitz oder oder oder.... direkt anzurufen, und einen Termin mit einem Vertreter auszumachen. Also - wenn jemand für dieses Hobby bereit ist, Investitionen zu tätigen. Sicher ist es hier ähnlich wie beim Automarkt, Preise und Ausstattungsmerkmale sind sehr variabel. Ich bin eher von der Oldtimerfraktion. Nach ein paar Wochen Betriebszeit brannte das Glühbirnchen meiner Mikroskoplampe durch, was mich dazu bewog, auf eine LED-Beleuchtung umzusteigen. Es wurde ein 25x/0,6 und ein 63x/0,9 - Neofluar angeschafft, was sich für das Fotografieren als sehr sinnvoll erwiesen hat. Fotografieren ist nochmal ein Spezialthema. Will man in die digitale Fotografie einsteigen, hat man bei Kameras natürlich die Wahl. Es gibt nicht allzu viele Modelle, die sich zur digitalen Fotografie eignen, Guy Marson war so frei sich ein Taschenmikroskop zu bauen, damit die Fotoläden abzuklappern und ein intensives Screening durchzuführen. Viele Modelle liefern in Mikrobildern Artefakte und andere Fehler, die sie in "normale" Bilder nicht einbauen. Meine Wahl fiel dann zuerst auf eine A520, die zu viele Partikel auf dem Sperrfilter hatte, und zurückgesendet werden musste. Um eine Erfahrung reicher, bestellte ich vier Canon A95, die als Auslaufmodell ohnehin nicht teurer war, und begann eine die Geduld nicht wenig strapazierende Testreihe, deren Ergebnis Guy Marsson freundlicherweise auch ausgewertet hat. Seinem akribischen Auge entgeht nicht die geringste Abweichung vom idealen Fall. Es zeigte sich, dass eine der vier Kameras zu Mikrofotografien geeignet war. Der Rest war verdreckt, und wurde zurückgeschickt. Meine Adaption ans Mikroskop ist kostenneutral und spartanisch. Ans Okular halten, knipsen. Alle Alternativen sind zu teuer. Zumal die A95 ohnehin nicht über eine Fernauslösemöglichkeit per Draht verfügt. Die Ansteuerung per USB-Schnittstelle funktioniert gut, ist eine schöne Sache, geht aber nur mit einer gewissen Zeitverzögerung. Damit umzugehen ist komfortabel, speziell das Fokussieren per Display kam mir ein wenig grob vor. Vielleicht eine Übungsfrage. Da ich keinen Fototubus habe, ist diese Option für mich nicht die erste Wahl.




Im Folgenden vielleicht noch ein paar unsortierte Einzelheiten:

LED-Beleuchtung

Grundsätzlich: Je niedriger die Temperatur eines Glühfadens ist, umso mehr verschiebt sich das Licht, das er emittiert, zu langen Wellenlängen, das heisst, das Licht wird dann mehr rot als blau. Möchte man nun die Beleuchtung herunterdimmen, und reduziert dazu den Stromfluss durch einen Glühdraht, verändert sich die Farbe des Lichtes. Dieser Zusammenhang ist direkt proportional. Ein Ausweg ist die Verwendung von Graufiltern, die von hellem, weissen Licht gleichmässig viel Licht absorbieren. Nachteil von besonders hellen Leuchtmitteln (Halogen): Sie werden auch besonders warm. Dies ist für Lebendbeobachtungen nicht die Ultima Ratio. Ausweg: Eine Lichtquelle, die in jeder Helligkeitsstufe die gleiche Farbtemperatur hat, und dabei keine merkliche Wärme produziert. Bis vor kurzem noch unmöglich. Doch mittlerweile geht z.B. auch Zeiss dazu über, LED-Beleuchtung anzubieten, vor allem für den mobilen Einsatz, da man mit wenigen Batterien eine ganze Weile auskommt. In einem Elektronikshop erregte ich mit der Nachfrage nach einer 3-W LED eher Ratlosigkeit, wieder wurde der Rat von Forumsteilnehmern zum Lösungswegweiser. Der LED-shop24 lieferte dann eine 3-W-LED und ein Modul zum Anschluss an die Netzspannung und zum Dimmen, nebst einem Drehpoti. Diese Chose muss ich evt. noch etwas umgestalten, da die Platine so wie sie ist, nicht in den Mikroskopfuss passt, sondern nebendran liegt und mir regelmässig Stromstösse versetzt. Haha.
Zur Beachtung: Eine LED verursacht nicht die Abwärme, die eine Halogenbirne produziert, dennoch muss diese Abwärme abgeleitet werden, indem man einen passenden Kühlkörper einsetzt. Oft ist es nicht so, dass ein 250-g-Kühlkörper für einen Pentium 4 der ersten Generation in einen Mikroskopfuss passt. Aber was nicht passt, wird passend gemacht, und die Flex ist die gute Fee der Stunde. Nach Halbierung des Aluklumpens hatte ich an Stellen, die mir zweckmässig erschienen, ein paar Löcher gebohrt (Nachmessen erschien mir zu penibel). Es zeigte sich, dass meine putzigen Schrauben für die Löcher zu putzig und nicht brauchbar waren. Ein Tropfen Sekundenkleber, der gleichzeitig als Wärmefluid fungierte (besser als Luft allemal) schaffte instantane Abhilfe. Es musste allerdings einmal nachzentriert werden, da ein mm Abweichung vom Zentrum zu viel ist. Also das Ding abgebrochen, Kleberreste runtergeraspelt, und wieder an besserer Stelle aufgeklebt. Passt, wackelt, macht Licht, und das angeblich 100 000 Stunden lang (danach beginnt die Leistung angeblich etwas nachzulassen). Problem: Cyanacrylat (Sekundenkleber) ist überaus spröde, sollte die Klebewirkung nachlassen, kommt das wahrscheinlich schlagartig. Ich denke, dass die dann folgende Dezentrierung der LED sofort auffällt. Wait and see. Da die LED leider sehr punktuell leuchtet, muss man bei schwachen Objektiven nachstreuen. Dies tut bei mir eine Schicht aus einem Haushaltspapier. Oder zwei.


Kamera

Man sieht oft Bilder, die mit Webcams geschossen wurden, oder mit einem Mobiltelefon. Dies ist teilweise dicke ausreichend, um darzustellen worum es hier geht, und um wesentliche Charakteristika eines Objekts zu vermitteln. Bei Digitalkameras ist es manchmal hinreichend, wenn ein Modell 2 Megapixel mitbringt, vor allem wenn mit hohen Vergrösserungen gearbeitet wird. Beim 25er Neofluar, das eine NA von 0,6 hat, und recht gut korrigiert ist (mein Lieblingsobjektiv), machen die 5 Megapixel der Canon A 95 schon Sinn. Bei nem 40er mit 0,65 sind 4 Megapixel wohl auch mehr als ausreichend, aber das sind jetzt meine subjektiven Eindrücke. Dass für die totalen Freaks der Spass mit 10 Megapixeln erst anfängt mag sein, über die Freuden der digitalen Spiegelrefelxphotographie kann ich nicht mitphilosophieren.


Neofluare

Auch "Halbapochromate" genannt, machen ein deutlich besseres Bild als normale Achromate. Historisch stellen sie ein interessantes Novum dar. Es war so, dass man damals auf der Suche nach Gläsern war, deren Eigenschaften möglichst gut zu den Anforderungen passten, die sich aus Objektivberechnungen und dem Brechverhalten der Einzellinsen ergaben. Hier fiel das Augenmerk zwischenzeitlich nicht auf ein Glas, sondern auf ein Mineral, nämlich den Fluorit. Chemisch gesehen ist Flussspat Calciumflourid, der wenn er ungefärbt vorliegt, in liebevoll geschliffener Form als Linsenmaterial verbaut wurde. Später hat man Kristalle aus CaF2 synthetisch gezüchtet. Die Oberflächenvergütung besteht meiner Kenntnis nach u.A. aus MgF2. Ich fand es witzig, dass in einem Objektiv gleich 2 Erdalkalifluoride verbaut sind. Diese Objektive sind bei eBay zu Preisen um 100 EUR erhältlich. Plan-Neofluare mit Multiimmersion habe ich für 400 EUR weggehen sehen. Für beide Seiten ein guter Handel...


Planapochromate

Auch "Planapo" genannt, sind quasi die "high-end"-Lösung. Die Korrektur von Farbfehlern ist auf allen Frequenzen (mindestens 3 Farben aus verschiedenen Bereichen des Spektrums) gegeben, bei voller Bildfeldebnung. Um Verluste durch Reflexe an Phasengrenzflächen zu minimieren, ist schon das 40er Planapo als Ölimmersion ausgelegt. Dies macht einen Wechsel zu schwächeren Trockenobjektiven nicht leicht bis unmöglich. Das Gute: Es gibt diese Immersionsobjektive schon ab 25x (oder weniger ?), man kann seinen Objektivrevolver also konsequent damit vollbasteln, wenns einem der Spass Wert ist. Ich finde bis 16x die Leistung von Achromaten und bis 63x die Leistung von Neofluaren vollkommen ausreichend, das 100er habe ich mir mittlerweile als Planapo zugelegt, weil das Objektiv gerade günstig im Angebot war. Der Unterschied zum normalen Planachromaten ist beim 100er Objektiv aber schon nicht unbedingt spektakulär, da in diesem Bereich der Vergrösserung das Licht an der Grenze seiner Abbildungsfähigkeit ist.


Phasenkontrastobjektive im Hellfeld

Bringen, da ihr Phasenring das Bild etwas verdunkelt, einen Verlust von Kontrastleistung mit sich. Ich habe den direkten Vergleich (zum Glück ?) bisher nicht machen können. Beim 63er fällt dieser Nachteil etwas stärker auf als beim 25er, aber auch eher was das Fotografieren betrifft. Zu Beobachtungszwecken empfinde ich (wieder subjektiver Eindruck) ein 63/0,9er Ph3 - Neofluar auch beim Durchlicht sehr brauchbar. Wenn man sich an den Ring zur Deckglaskorrektur gewöhnt hat. Ohne den zu betätigen bekommt man ein scharfes Bild allenfalls per Zufall. Mit 63er Trockenobjektiven ohne Korrekturring muss man also entweder viel Glüuck haben, oder man benutzt sie am besten gleich als Briefbeschwerer. Es gibt gegen die Hellfeldprobleme von Phasenkonstrastobjektiven ein Mittel:


Digitale Kontrastverstärkung

Ich würde kaum ein Bild als "fertig" bezeichnen, solange die Kontraste nicht stimmen. Darauf zu verzichten ist ein ziemliches "No!", denn mit einem beliebigen Rechner mit Internetzugang hat man Zugang z.B. zu GIMP, einem kostenlosen, ausserordentlich leistungsfähigen Programm. Unter "Layer-Colors-Brightness/Contrast" kann man die Kontraste anpassen. Ein Zug am "Schieberegler", und es ist in manchen Fällen so als würden 100 Jahre Staub vom Bild genommen.

Objektmikrometer

Sehr sinnvoll, wenn man Masstäbe in Bilder einbauen will. Mir liefert die Sehfeldzahl und der Vergrösserungsmassstab des Objektivs Anhaltpunkte. Ich habe diese Anschaffung bis jetzt eingespart.

Literatur

Ist ein ganz heisses Thema, pauschal gesagt: Je mehr, umso besser. Ältere, teils hervorragende Bücher sind bei eBay bisweilen für 1 Euro zu haben. Durch den Mikro-Markt auf Christian Linkenhelds Homepage sind mir 25 Jahrgänge der Zeitschrift "Mikrokosmos" zugelaufen, in gut geführten Fachbereichsbibliotheken von Universitäten finden sich alle Jahrgänge seit 1907. Es empfiehlt sich, viel Sitzfleisch zum Schmökern mitzubringen. In der Mikrofibel ist ein umfassendes Literaturverzeichnis enthalten, meine persönlichen Favoriten was Bücher betrifft:
Bruno P. Kremer "Das Kosmos-Buch der Mikroskopie"
Klaus Henkel, Mikrofibel
Streble Krauter Das Leben im Wassertropfen






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